"Bereits spätestens Ende September stehen auf dem Gelände der Erich Kästner-Realschule Schul-Container zur Verfügung, in denen neun Ersatzklassenräume eingerichtet werden können." Diese Zusage konnte Bürgermeister Dieter Freytag den Eltern in der Informationsveranstaltung am Montagabend bereits erteilen.
Die Containereinheiten werden hinter dem Altbau sowie seitlich davon platziert, sodass der Pausenhof für die Schülerinnen und Schüler möglichst wenig eingeschränkt wird. Diese Maßnahme wird notwendig, da sich bedauerlicherweise die erhöhten PCB-Werte der Erstmessung im Altbau bestätigt hatten.
Schulleiterin Inge Müller-Costard konnte vermelden, dass sie bereits alle organisatorischen Absprachen getroffen habe. Sie versprach, dass es - sobald die Container genutzt werden könnten - weder einen Unterrichtsausfall gebe noch die Qualität des Unterrichts beeinträchtigt werde. Durch die Umwidmung von Räumen im Neubau und die Bereitstellung von Klassenräumen in der Clemens-August-Schule müssten nur für eine Übergangszeit von zwei bis maximal vier Wochen bis zur endgültigen Nutzung der Container gewisse Einschränkungen hingenommen werden. Aber auch während dieser Phase sei die Beschulung aller Kinder am Vormittag gewährleistet, während das Ganztagsangebot dann nur für Schüler/innen mit entsprechendem Bedarf aufrecht erhalten werden kann. Angeboten werden in dieser Zeit auch sogenannte Projekttage und ein unterrichtsfreier Studientag für die Klassen 9 und 10. Falls nötig wird zusätzlicher Förderunterricht angeboten.
Lediglich die Frage nach dem Ersatz für die im Altbau befindlichen Fachräume konnte noch nicht abschließend beantwortet werden. Hier hofft man allerdings auf die Bereitstellung von entsprechenden mobilen Schulfachcontainern der Stadt Köln. Ansonsten werde man diesbezüglich noch einmal Kontakt zu anderen Schulen aufnehmen und anfragen, inwieweit eine Mitnutzung der dortigen Fachräume möglich ist.
Fest steht, dass der Altbau der Schule gesperrt bleibt und saniert wird. "Die Sanierung wird schnellstmöglich in Angriff genommen," so Georg Hilger vom Gebäudemanagement der städtischen AöR. Er legte auch dar, dass eine solche Sanierung von einer nach PCB-Richtlinie und der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 524 "Schutzmaßnahmen bei Sanierungen in kontaminierten Bereichen" zugelassenen Fachfirma erfolge, die kurzfristig mit der Planung, Begleitung und Durchführung der Sanierung beauftragt werde. Zwar könne eine finale Einschätzung über die voraussichtliche Dauer der Sanierungsmaßnahmen seriös erst erfolgen, wenn das Sanierungskonzept erstellt sei, man gehe allerdings heute schon von einem Zeitraum von ca. einem Jahr aus. Während der Sanierungsarbeiten werde darauf geachtet, dass Unterricht und Schulbetrieb möglichst nicht gestört würden. Die Arbeiten müssten ggf. zeitlich auf den Unterricht abgestellt werden.
Doch nicht nur organisatorische Dinge wurden im Rahmen der Informationsveranstaltung besprochen. Selbstverständlich brachten die Eltern auch ihre Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder zum Ausdruck. Hier standen mit Dr. Franz-Josef Schuba, dem Leiter des Gesundheitsamtes des Rhein-Erft-Kreises, seiner Mitarbeiterin, Gesundheitsingenieurin Gisela Hück, Professor Dr. med. Gerhard A. Wiesmüller, außerplanmäßiger Professor für Hygiene und Umweltmedizin bei Professor Dr. med. Thomas Kraus, Professor für Arbeitsmedizin an der RWTH Aachen und Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin am Universitätsklinikum Aachen, sowie Dr. Lothar Grün von der mit den Untersuchungen beauftragten Firma Eco Luftqualität + Raumklima GmbH aus Köln allesamt Fachleute auf ihrem Gebiet Rede und Antwort.
Sie stellten dar, dass durch die entnommenen Materialproben eindeutig die Kunststofffugen zwischen den Betonteilen im Altbau als Primärquellen für die Belastungen identifiziert worden seien. Da nicht auszuschließen war, dass sich die PCB-Belastung auch auf andere Materialien in der Schule ausgedehnt habe, seien weitere Untersuchungen des Inventars nach Reinigung und Transport in einen unbelasteten Raum vorgenommen worden. Die Ergebnisse lagen am Mittwoch nach der Elternversammlung vor. Obwohl es sich um Mobiliar aus dem am höchsten belasteten Raum handelte, lag der Wert bei 290 ng/m³, also unter dem Zielwert von 300, der nach einer Sanierung erreicht werden sollte, und weit unter dem Eingreifwert von 3.000 ng/m³.
Einen breiten Raum nahmen verständlicher Weise die Fragen nach den Auswirkungen der PCB-Belastung in der Vergangenheit ein. Hier erläuterte Prof. Wiesmüller, dass es sich bei Polychlorierten Biphenylen (PCB) um eine Gruppe von chlorierten organischen Substanzen handelt, die aus 209 verschiedenen chemischen Verbindungen (sogenannten Kongeneren) bestehen. Grundsätzlich können PCB über die Nahrung, über die Luft und über die Haut aufgenommen werden. Niedrigchlorierte PCB sind leichtflüchtig und werden durch Einatmen aufgenommen, höher chlorierte PCB sind schwerflüchtig und werden mit der Nahrung aufgenommen. Im Falle der PCB-belasteten Schule handelt es sich um niedrigchlorierte leichtflüchtige PCB, die vor allem über die Atemwege aufgenommen werden. PCB reichern sich nach der Aufnahme vor allem in fettreichen Geweben von Mensch und Tier (Lebensmittel) an. Einige PCB zeigen Ähnlichkeiten mit Dioxin. Es gebe kein spezifisches Krankheitsbild.
Von großer Wichtigkeit sei auch die Halbwertszeit von PCB, also der Zeitraum, nach welchem die Hälfte der Menge an Ausgangssubstanz ausgeschieden wird. Diese variiert für die unterschiedlichen PCB zwischen Monaten bis einigen Jahren (niedrigchlorierte leichtflüchtige PCB) und Jahren bis mehreren Jahrzehnten (höherchlorierte schwerflüchtige PCB). Die niedrigchlorierten PCB, welche in der Hauptsache über die Raumluft aufgenommen werden, scheidet der Körper viel schneller aus als die höherchlorierten PCB, die vor allem über die Nahrung in den Organismus gelangen.
Es gibt die Möglichkeit, die Belastung mit PCB im Blut nachzuweisen, also ein sogenanntes Human-Biomonitoring durchzuführen. Hierzu wird in Kürze eine weitere Informationsveranstaltung stattfinden, bei der mit Prof. Kraus ein ausgewiesener wissenschaftlicher Experte zur Verfügung steht. Nach entsprechender Kostenzusage für die Schülerinnen und Schüler durch die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen und mit der Unterstützung durch das Kreisgesundheitsamt Rhein-Erft-Kreis wird das von Prof. Kraus geleitete Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der RWTH Aachen für alle aktuellen und auch ehemaligen Schülerinnen und Schüler sowie für die Lehrerschaft dieses Human-Biomonitoring anbieten. Aufgrund vorhandener Vergleichswerte kann dann ggf. auch die Einstufung eines möglichen gesundheitlichen Risikos vorgenommen werden. Diese Untersuchungen werden voraussichtlich noch vor den Herbstferien vor Ort an der Schule durchgeführt. Es wird außerdem eine gesundheitliche Beratung erfolgen.
Von eigenen Untersuchungen bei Hausärzten sollten die Eltern Abstand nehmen, da die notwendigen Untersuchungen Spezialwissen erfordern. Bei selbst in Auftrag gegebenen Untersuchungen erfolgt keine Kostenübernahme durch die Unfallkasse und im Zweifelsfall übernimmt auch die jeweilige Krankenkasse diese Kosten nicht.
Bürgermeister Freytag versicherte abschließend nochmals, dass man die Sorgen der Eltern sehr ernst nehme und diese auch weiterhin allumfassend informieren werde.
Wichtige Informationen würden per Elternbrief zur Kenntnis gegeben. Aktuelle Informationen seien aber auch auf der Homepage der Stadt Brühl www.bruehl.de hinterlegt, auf deren Startseite er eine eigens eingerichtete Rubrik "Schadstoffe Erich Kästner-Realschule" habe einrichten lassen.
Wer dennoch Fragen hat, richtet diese an die Pressestelle der Stadt Brühl, Maria Müller, Tel. 02232/79-2440 oder per eMail.